1976
Umbau der Orgel
Tiefgreifender Umbau der Orgel durch Steinmann, technischer Neubau auf 2 Manualen und Pedal mit 20 kl. St., Tonumfang C–g3, Pedal C–f1; im Februar Verkauf von ca. 600 für das umgestaltete Werk nicht mehr benötigten Orgelpfeifen durch die Kirchengemeinde; Aufgabe der höchstwahrscheinlich aus dem 17. Jahrhundert stammenden Tretbalganlage. Ein Brett aus einem der vier Keilbälge mit zwei Ventilen und dem aufgeleimten Arbeitsnachweis von Orgelbauer Kummer (1840) blieb der Kirchengemeinde erhalten.
Nach wiederholten Beratungsgesprächen zwischen Vertretern des Presbyteriums, des Landesdenkmalamtes (Konservator Gunther Jahn, Architekt Günter Matuschek) und den hinzugezogenen Orgelsachverständigen (Rudolf Reuter, Arno Schönstedt) verbleiben in der Orgel an barockzeitlichem Pfeifenwerk die Principale 8′, 4′ und 2′ sowie Metallgedackt 8′ (ursprünglich wohl Quintade, ab 1840 Hauptwerk-Gedackt, 1888 als Bordun eingerichtet). Steinmann stellte 69 Pfeifen dreier weiterer Chöre des 17. Jahrhunderts zu einem neuen Pedalregister (Rauschpfeife 3f.) zusammen (überwiegend aus dem 1888 aus historischen Pfeifenreihen gebildeten Cornett). Steinmann scheint die weiterverwendeten Stimmen um einzelne barocke Pfeifen aus den verworfenen Reihen und Lagen des Cornetts und der Mixtur ergänzt haben; er übernahm 251 klingende Pfeifen der Barockzeit, rund 25 % des 1755 vorhandenen Pfeifenbestandes, zusammengefasst zu insgesamt 5 Registern und 10 blinde Prospektpfeifen. Er beließ die originalen Weitenmensuren und überlieferten Fußlöcher, vielfach auch die originalen Körperlängen, was in dieser Zeit als bemerkenswerte Seltenheit anzusehen ist. Bei den restlichen Pfeifen setzte er die Aufschnitthöhen herab (dies kam sehr häufig vor, z. B. in Borgentreich). Am Pfeifenwerk in Wallenbrück sind deutliche Spuren von Zirkelrissen zu erkennen: dies erlaubt eine Rekonstruktion der originalen Körperlängen. Steinmann änderte die Kernfasen und drückte vermutlich auch die Kernspalten zu (Stellungnahme von ObM Reinalt Klein, Lübeck). Außer den barocken Pfeifen blieb eine Gamba von 1888 erhalten. – Neuintonation des übernommenen Pfeifenwerks; Aufgabe des Kanzellenteils beider Windladen und des Registerbretts (lt. Gutachten der OBW Ott Elemente des 17./18. Jahrhunderts, s. o.) sowie des Balghauses im Turmraum einschließlich der nahezu vollständig erhaltenen barockzeitlichen Tretbalganlage mit vier Keilbälgen; „Rekonstruktion“ genannte, umfangreiche Arbeiten am Gehäuse (u. a. Rückbau der 1888 in Weichholz hinzugefügten oder veränderten Partien: Pedalgehäuse vor der Westwand des Langhauses, Schmalseiten des historischen Gehäuses, davon ausgenommen Hölzer der Kranzgebälkzone); Erneuerung der Rückfront und Ergänzung der Gehäusedecken sowie Erneuerung des Gehäuse-Untergeschosses mit Ausnahme der entstehungszeitlichen vorderen Eckständer und der Schleierbretter von 1852 durch die Tischlerwerkstatt August Tombusch, Ascheberg, nach Plänen der für die Landesdenkmalbehörde tätigen Sachberater Franz Fischer und Rudolf Reuter; Rekonstruktion des Unterhangs am südlichen Spitzturm (als Kopie des nordseitigen Pendants) und einiger Abakusplatten über den Kapitellen. Neben den vorderen Eckständern des Untergehäuses und einem Paar Kopfkonsolen mit Doppelvoluten blieb der Obergeschossprospekt mit kleineren Änderungen des 17. und 18. Jahrhunderts bis auf wenige Ergänzungen von 1976 fast vollständig erhalten (architektonische Strukturen und Dekore: Rahmenhölzer, das Gurtgesims mit Fries und Kymation, das Kranzgebälk mit seinen Ornamentbändern und Mittelturmgebälk, die sechs korinthischen Halbsäulen, die Pfeifenturmunterhänge, Schleierbretter und ‚Ohren‘ des Mittelturms), desgleichen die Decken und Böden der Pfeifentürme. Aufstellung des Pedalwerks in einem neuen Gehäuse hinter dem historischen Prospekt; Neubau der Orgelempore als freistehender Baukörper unter Verwendung von Brüstungselementen des 17. und 19. Jahrhunderts (1852).